Monatsarchive: Oktober 2014

Der neoliberale Charakter

Quelle: Paul Verhaeghe • Der Freitag • 24.10.2014

Identität – Wir leben in einer Wirtschaft, die das Ethos verändert und psychopathische Persönlichkeitsmerkmale belohnt

[…] Die neoliberale Leistungsgesellschaft suggeriert uns, Erfolg hänge von individueller Anstrengung und Talent ab, die Verantwortung liege also vollständig beim Einzelnen. Der Staat müsse den Menschen folglich so viel Freiraum wie möglich lassen, damit sie beim Erreichen dieses Ziels nicht behindert werden. Wer an die Mär von den unbegrenzten Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten glaubt, dem sind Selbstverwaltung und Selbstmanagement die vorrangigen politischen Botschaften, insbesondere wenn er sich durch sie einen Zugewinn an persönlicher Freiheit verspricht. Neben der Vorstellung vom perfektionierbaren Menschen gehört die vom Westen verfochtene Ideologie der grenzenlosen individuellen Freiheit zu den größten Unwahrheiten unserer Zeit.

Der Soziologie Zygmunt Bauman hat das Paradox unserer Zeit gut auf den Punkt gebracht: „Noch nie waren wir so frei. Noch nie haben wir uns so machtlos gefühlt.“ Die Bewohner des reichen Nordens sind in der Tat freier als früher. Wir können die Religionen kritisieren, uns sexuell ausleben und jede politische Bewegung unterstützen. Wir können all das tun, weil es nichts mehr bedeutet und sich hinter dieser Art von Freiheit in Wahrheit Gleichgültigkeit verbirgt. Gleichzeitig ist unser tägliches Leben zu einem permanenten Kampf gegen eine Bürokratie geworden, in deren Angesicht Kafka die Knie zittern würden. Es gibt Vorschriften für alles, vom Salzgehalt des Brotes bis hin zur Geflügelhaltung in der Stadt.

[…] Unsere mutmaßliche Freiheit ist an eine zentrale Bedingung geknüpft: Wir müssen etwas aus uns „machen“. Wem es trotz guter Ausbildung wichtiger ist, sich um seine Kinder zu kümmern, als Karriere zu machen, der muss mit Kritik rechnen. Wer einen guten Job hat und eine Beförderung ablehnt, weil er lieber mehr Zeit mit anderen Dingen zubringen will, wird angesehen, als habe er den Verstand verloren – es sei denn, diese anderen Dinge dienen dem beruflichen Weiterkommen.

Permanent wird über den Verlust von Normen und Werten lamentiert. Doch unsere Normen und Werte machen einen bedeutenden Teil unserer Identität aus. Sie können also nicht verloren gehen, sie können sich lediglich ändern. Und genau das ist passiert: Eine veränderte Wirtschaftsweise spiegelt sich in veränderten ethischen Vorstellungen wider und führt zu veränderten Identitäten. Das gegenwärtige Wirtschaftssystem bringt das Schlechteste in uns zum Vorschein.
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Zähne: Sie lassen Härte vermissen

Quelle: David Schumacher • Zeit-online• 17.10.2014

Eine neue Krankheit löst Ratlosigkeit in Zahnarztpraxen aus: Kinderzähne bröckeln – trotz guter Pflege

TitelBacken-Schneidezahn-Mineralienunterversorgung: Symptom einer generell ungesunden Entwicklung unserer Kinder?

Quelle: Wikipedia: Molaren-Inzisiven-HypomineralisationMaurizio Procaccini et al.CC BY 2.0

Von Laffert recherchierte und konnte dem Elend immerhin bald einen Namen geben: Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation, MIH abgekürzt. Eine Schmelzstörung der ersten bleibenden Backenzähne Molaren, manchmal sind auch bleibende Frontzähne Inzisiven betroffen. Es handelt sich um die rätselhafteste Erkrankung, mit der Zahnmediziner derzeit zu kämpfen haben. Sie scheint aus dem Nichts aufgetaucht zu sein. Man kann sie nicht heilen, und die Ursachen liegen im Dunkeln. Erst seit etwa zehn Jahren arbeiten Forscher mit einer weltweit gültigen Definition. Allmählich zeichnet sich ab, wie viele Kinder diese Störung zeigen. Eine Studie aus Brasilien beziffert die Quote mit unglaublichen 40 Prozent. Die meisten Erhebungen ergeben, dass zwischen 5 und 15 Prozent der untersuchten Grundschüler von MIH betroffen sind. Pro Schulklasse zwei Kinder. … ► weiterlesen

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Nur im Verstehen liegt noch Hoffnung

Quelle: Peter Unfried • TAZ • 18.10.2014

Karen Duve warf ihren neuen Roman ins Eck und schrieb ein Sachbuch über das bevorstehende Ende der Menschheit. Was ist los mit der Autorin?


Karen Duve in der Talkshow „drei nach 9“. Die Sache wird schiefgehen, sagt die gefeierte Autorin in ihrem fulminanten Essay, und mit „Sache“ meint sie nicht weniger als den Fortbestand der Zivilisation. Der globale Kollaps wird kommen, prophezeit Duve, weil seit Urzeiten diejenigen an den Hebeln der Macht sitzen, die am allerwenigsten dazu geeignet sind. Höchste Zeit also, die Anderen, die Richtigen ans Ruder zu lassen und das sind laut Karen Duve: die Frauen.

Quelle: YouTube-Video von 3nach9 • 17.10.2014

Die Schriftstellerin Karen Duve war beim Schreiben eines neuen Romans, aber irgendwann ging es nicht mehr. Sie hörte mittendrin auf und schrieb ein Sachbuch über das bevorstehende Ende der Menschheit. Für sie ein „erfrischender Gedanke“, wie sie auf der letzten Seite schreibt. „Es kann doch eigentlich nur besser werden.“

[…] Also: Selbstverständlich sind auch die Politik, der Kapitalismus und der Mensch als Gattung schuld. Vor allem aber ist es eine kleine Kaste ehrgeiziger, machtbesessener und risikobereiter Männer – teilweise echte Psychopathen –, die seit Urzeiten die Weltläufe und die Ideologien bestimmt und die langfristigen Interessen der Menschheit für den kurzfristigen Vorteil ihres Unternehmens aufs Spiel setzt, und zwar in jeder Staatsform, wie man am realen Kapitalismus sehen kann und am realen Sozialismus sehen konnte. … ► weiterlesen

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Gentle Giant – On Reflection (1978)

Quelle: YouTube-Video von 3xcs • hochgeladen am 26.09.2010

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Lilies of the valley – Jun Miyake

Quelle: YouTube-Video von JahanChannel • hochgeladen am 02.10.2011

Musik: Lillies of the Valley – Jun Miyake (JPN) • Spielfilm: Pina – Wim Wenders (GER)

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